Nürnberg
Witz



Die Geschichte des "Nürnberger Witz"
Unter dieser Überschrift sollte man keine Sammlung pointierter Anekdoten erwarten. Das Wort "Witz" ist hier noch im altfränkischen Wortsinn zu verstehen, als praktischer Verstand, technisches Geschick, Erfindungsgabe. Besonders witzig waren die Nürnberger wahrscheinlich nie, gewitzt dagegen sind sie seit jeher. Das emsige Handwerkervölkchen, das sich seit dem Jahre 1050 im sandigen und sumpfigen Rednitz-Pegnitz-Becken, "des Deutschen Reiches Streusandbüchse", niedergelassen hatte, war aufs "Tüfteln" und Erfinden und auf den Handel mit seinen Erfindungen angewiesen.

Es waren damals kriegerische Zeiten, und so verbreitete sich zuerst der Ruf Nürnberger Plattner und Harnischmacher, der Geschützgießer, Büchsenmacher und Schwertfeger. Das Radschloß wurde 1517 in Nürnberg erfunden, die Brechschraube, der Visiermaßstab, der gezogene Gewehr- und Geschützlauf, das Hinterladergewehr. Nun, diese vergleichsweise harmlosen Donnerbüchsen sind längst durch bessere - oder vielmehr schlimmere - Zerstörungsmittel ersetzt worden und stehen heute im Museum. Der bleibende Gewinn für die Menschheit bestand nicht im Endprodukt, sondern im Werkzeug zu seiner Herstellung. Die Hobelbank ist eine Nürnberger Erfindung, auch die Schraubzwinge und der Schraubstock. Die Rot- und Gelbgießer bauten sich um 1500 Drehbänke mit Tretrad, Pleuelstange, Kurbel, Schwungrad und Leitspindel, die das 19. Jahrhundert schon fast vorwegnahmen. In einer kolorierten Handschrift des Patriziers Martin Löffelholz von 1505 ist eine kuriose Kombination von Hammer, Zange, Greifdorn und Nagelheber abgebildet, die - längst in Vergessenheit geraten - erst um 1850 als "amerikanische Zange" den Kontinent und Nürnberg wieder erreichte.
Ein besonders schönes Beispiel für den "Nürnberger Witz" war die Erfindung des Drahtziehens durch den "Schockenzieher" Rudolf im Jahre 1369. Der glühende Draht wurde durch immer dünnere Löcher einer Eisenplatte gezogen. Meister Rudolf ersann sich dazu einen Schaukelsitz, mit dem er nicht nur die Kraft der Arme, sondern auch die Wucht des bewegten Körpers ausnützen konnte.

Die Techno-Historiker haben noch eine Unmenge von Nürnberger Erfindungen ausgegraben, und sie bleiben sicher weiterhin fündig: die Feuerspritze (1655), der Fingerhut, die Klarinette, - um 1690 von Johann Christoph Denner aus der Schalmei entwickelt -, die Bronzefarbe, die Flusssäure zum Glasätzen, der Krankenfahrstuhl (durch Hans Hautsch), der Windkessel für Pumpen und Feuerspritzen. Originell, aber weniger verbürgt: die Lichtputzschere, die Wäschemangel und der Haustürklopfer. Doch man sollte sich nichts vormachen: Wirklich berühmt geworden sind von den Nürnberger Erfindungen im Grunde nur die Taschenuhr und der Erdglobus. Das "Nürnberger Ei", Peter Henleins Taschenuhr, gehört zu jenen Erfindungen, auf die Edisons Wort von den "99 Prozent Transpiration und einem Prozent Inspiration" zutrifft. Der junge Schlossergeselle Henlein verkleinerte um 1510 die üblichen Tisch- und Standuhren und die klobigen Spiralfedern der Türschlösser auf Miniaturformat, erdachte eine ebenso witzige wie winzige Unruh mit einer Schweinsborste und wurde damit nicht nur unsterblich, sondern auch Hausbesitzer.

Sehr im Gegensatz zum Schöpfer des "Erdapfels" Martin Behaim, der 1507 vollkommen verarmt und vergessen im Spital zu Lissabon starb. Im gleichen Jahr, als Christoph Kolumbus gen Westen nach Indien segelte und dabei versehentlich Amerika entdeckte, weilte Behaim wieder einmal in seiner Vaterstadt. Um den einheimischen Handelsherren und "Pfeffersäcken" recht anschaulich von seinen Reisen berichten zu können, ließ er eine große Landkarte anfertigen. Zum ersten Mal in der richtigen Erdgestalt, der Kugel. Der "Erdapfel" steht heute noch im Germanischen Nationalmuseum, und der Erdteil Amerika fehlt immer noch darauf.

Im 19. und 20. Jahrhundert wurden die Nürnberger Erfindungen merklich spärlicher. Die Politik, die der Rat der Freien Reichsstadt durch die Jahrhunderte verfolgte, alle fremden Neuerungen fern- und die eigenen geheimzuhalten, hatten allmählich aus einer Wohltat eine Plage entstehen lassen. Und als dann das Zunftwesen langsam durch die Industrialisierung hinweggespült wurde, war die Zeit der individuellen Erfindungen vorbei. Erfindungen werden freilich bei den großen Firmen des Maschinenbaus, der Elektrotechnik, des Fahrzeugbaus und der Spielwarenindustrie auch heute noch gemacht, doch sie werden von den Patentabteilungen angemeldet, und der Erfinder bleibt anonym. A propos Patent: Das erste deutsche Reichspatent wurde 1877 selbstverständlich einer Nürnberger Erfindung erteilt. Für das neu entwickelte Ultramarinrot von Justin Winter.

Der "Nürnberger Witz" ist aber lebendig wie eh und je. Er zeigt sich bis zum heutigen Tag in einer bemerkenswerten Aufgeschlossenheit der Nürnberger gegenüber technischen Neuerungen. In Nürnberg fuhr nicht nur der "Adler", die erste deutsche Eisenbahn (1835), hier stand auch das erste bayerische Gaswerk (1847), und 1882 richtete Johann Siegmund Schuckert die erste öffentliche Straßenbeleuchtung in Deutschland durch elektrische Bogenlampen ein.

Und es ist auch kein Zufall, dass Nürnberg heute noch - oder wieder - so etwas wie das Mekka der Erfinder ist. Vor fast 50 Jahren gründete Theo Ungerer in Nürnberg den inzwischen weltweit bekannten "Deutschen Erfinder-Ring", der jedes Jahr im Nürnberger Messezentrum die Internationale Erfinder- und Neuheiten-Ausstellung durchführt. Eine zweite Nürnberger Erfinder-Organisation, der Deutsche Erfinderverband, hat es sich zur besonderen Aufgabe gemacht, Erfinder und technische Pioniere, besonders auch vergessene und verkannte, durch Verleihung der "Dieselmedaille" auszuzeichnen. Auf diese Weise bleibt Nürnberg auch im 21. Jahrhundert eine Art "Hauptstadt" des Erfindungswesens.

Es sind aber nicht immer weltbewegende Dinge, die von ihren Urhebern begeistert und temperamentvoll vorgeführt werden. Manchmal treibt der Erfindergeist auch seltsame und originelle Blüten. Da gibt es zum Beispiel einen Bieruntersetzer, der vom Kellner mit einem Spezialschlüssel geschaltet wird und auf einem Zifferblatt die Anzahl der getrunkenen Halben anzeigt. Die "Bieruhr" hat sich übrigens nicht durchgesetzt. Auch von dem "ausklappbaren Schuhabstreifer am Auto", der vor einigen Jahren gezeigt wurde, hat man nichts mehr gehört. Und warum ist das Notenpult in der Versenkung verschwunden, bei dem sich die Partitur mit einem Fußhebel umblättern ließ? Dem Laien kommt ja der Gedanke durchaus plausibel vor. Die Wasservergeudung in gewissen öffentlichen Anstalten war einem Erfinder ein Dorn im Auge, der die Brausen, die bisher automatisch in bestimmten Zeitabständen funktionierten, mit einer Zählvorrichtung koppelte.

Und mit keinem geringeren als Voltaire verglich sich vor ein paar Jahren der Erfinder einer neuartigen Büstenhebe. In Prospekten und auf Plakaten versicherte er, dass sein Lebensziel dasselbe sei wie das des großen französischen Aufklärers: "Die Gesunkenen zu heben, die Übermächtigen zu bändigen und die Kleinen zur Geltung zu bringen". (Georg Mörsberger)

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