Nürnberg
Im Wandel
Der Wandel Nürnbergs
Der Wandel Nürnbergs
"Nürnberg ist die schönste Stadt, die ich je gesehen habe, sie ist in ihrer Ganzheit ein wahrhaftiges Kunstwerk. Die Zierlichkeit, Heiterkeit und Reinheit dieser mannigfaltigsten Schönheitslinien erfüllte mich mit den wohltuendsten Empfindungen" ...

So enthusiastisch, empfindsam und mit romantischem Überschwang wie der Dichter Adalbert Stifter im Jahre 1869 haben nicht alle Besucher geschwärmt. Die meisten Äußerungen jedoch, die von prominenten Besuchern der Stadt über die Jahrhunderte hinweg erhalten sind, rühmen "des deutschen Reiches Schatzkästlein" wegen seiner großartigen Bauwerke, seiner unermeßlichen Kunstschätze, seiner kulturellen Taten bedeutender Männer, loben das handwerkliche Geschick seiner Bewohner, die weitblickende Tatkraft seiner Kaufleute und überhaupt die unvergleichliche Atmosphäre der alten freien Reichsstadt.
Der Reisende von heute begegnet in Nürnberg auf Schritt und Tritt den Zeugen einer über 950jährigen Geschichte, in der sich Epochen stolzer Würde ebenso spiegeln wie Perioden des Niedergangs und des Mißbrauchs, wo geistige Klarheit ebenso in Erscheinung tritt wie romantische Versponnenheit. Er erlebt eine Stadt, an der Historie und Gegenwart der Deutschen gleichermaßen abzulesen sind, wo die eindrucksvollen Denkmäler des Erfindungsreichtums und des kulturellen Selbstbewußtseins vieler Jahrhunderte mitten im bunten Leben einer modernen, dynamischen Metropole stehen.

Nach der fast totalen Zerstörung des historischen Nürnbergs im Zweiten Weltkrieg (die Altstadt lag zu über 90 Prozent in Schutt und Asche) hat ein weiser Rat alle Absichten abgewehrt, eine "tabula rasa" zu konservieren oder, wie es in manchen anderen Städten geschah, auf den Trümmern eine ausschließlich moderne City zu errichten. Er entschied sich für den behutsamen Wiederaufbau der alten Stadt und tat gut daran. Jeder, der nach Nürnberg kommt, kann sich davon überzeugen.

So klingt es wie auf den heutigen Tag gemünzt, was "Meyer's Universum" 1837 über Nürnberg schrieb:

"Solche Mannigfaltigkeit schützt den Reisenden vor der Langeweile, die ihn so oft anwandelt, wenn er nach der Schnur gebaute Städte unserer Zeit zu beschauen geht, in denen ein Haus und ein Platz dem anderen ähnlich sieht, wie ein Soldatenrock dem andern."

Man mag darüber spekulieren, warum Nürnberg der "Augapfel der Fürsten und Herren" (E.T.A. Hoffmann) war. Jedenfalls verordnete Kaiser Friedrich II. in seinem Großen Freiheitsbrief 1219: "...auf künftige Zeiten unabänderlich zu halten, dass jeder Bürger dieses Orts keinen anderen Schutzherrn haben soll, als Uns und Unsere Nachfolger, die Römischen Könige und Kaiser". Und Karl IV. legte fest, daß jeder künftige Kaiser seinen ersten Reichstag in Nürnberg abhalten müsse. Die Kaiserburg ist daher auch der Augapfel der Nürnberger, und sie nennen die Veste, an der jahrhundertelang gebaut wurde, gerne die "Krone" ihrer Stadt. Hier wohnten die Kaiser, von hier hat man den schönsten Blick über die spitzgiebeligen Dächer, auf die hochragenden Kirchen, bis hin zur Skyline der Trabantenstädte und auf das dunkle Grün der weitläufigen Föhrenwälder, die noch heute nach den beiden Hauptkirchen St. Lorenz und St. Sebald benannt sind.

Diese Hauptkirchen sind gotisch emporstrebende Zeugnisse frommen Bürgersinns, äußerlich für den Unkundigen auf den ersten Blick kaum zu unterscheiden, im Innern unverwechselbare "himmlische Hallen", ausgeschmückt mit herrlichen Kunstwerken, von denen nur die größten hier genannt seien: Der Engelsgruß von Veit Stoß, das Sakramentshäuschen von Adam Kraft, das Sebaldusgrab von Peter Vischer. Zwischen diesen beiden "hohen Häusern" steht am Ufer der Pegnitz die Kirche "Zu Unserer Lieben Frau". An ihrer Westfront setzten die Nürnberger dem Kaiser Karl IV. ein liebenswertes Denkmal: das "Männleinlaufen", eine Kunstuhr.

Jeden Mittag um 12 Uhr erweisen hier die sieben Kurfürsten dem Kaiser ihre Reverenz, bestaunt von hunderten Touristen auf dem Platz davor, dem "Hauptmarkt". Dort steht auch der "Schöne Brunnen", den viele Sagen umranken und in dessen Gitter kunstvoll der Glücksring eingeschmiedet ist. Verliebte Leute drehen gerne daran, um ihr junges oder auch schon reifes Glück zu bekräftigen. Auf diesem Platz wird zudem jedes Jahr ein Weihnachtsmärchen zum Ereignis: Der weltberühmte Christkindlesmarkt, die zauberhafte Budenstadt, "aus Holz und Tuch gemacht", bringt die Kinderaugen zum Strahlen und versetzt die Erwachsenen zurück in eine vielleicht glücklichere Zeit.

Ähnliches tut, ein paar Häuser weiter, das Spielzeugmuseum: Hier ist der Nabel der "Weltstadt des Spielzeugs". Eine der bedeutendsten und schönsten Präsentationen deutscher Kunst und Kultur bietet das Germanische Nationalmuseum in der Kartäusergasse, in seinem Kern ein altes Kartäuserkloster. Unterhalb der Burg steht das Wohnhaus von Albrecht Dürer. Hier, am Tiergärtnertor, ist der schönste Platz Nürnbergs. Besonders an lauen Sommerabenden ist er Treffpunkt von Gästen aus aller Welt. Und weil gerade Dürer erwähnt wurde: Ein paar Namen müssen noch genannt werden aus der großen Kulturgeschichte der Stadt, wie der des Humanisten Willibald Pirckheimer, Martin Behaim, Peter Henlein, Hans Sachs, Regiomontan, Anselm und Ludwig Feuerbach, die schon zitierten Adam Kraft, Veit Stoß und Peter Vischer. Die Aufzählung wäre noch lange fortzusetzen. Und sie stammt nicht nur aus der Zeit, als Nürnberg die "Mitte Deutschlands und des ganzen Europa", als es "Vaterland der Klugheit und Wohnhaus der Künstler" genannt wurde.

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