Hurling in Irland - Das schnellste Feldspiel der Welt
Steile Stimmungskurven
beim ältesten Feldspiel der Welt. Es liegt etwas in der Luft,
wenn in einer irischen Gemeinde ein Hurlingmatch angekündigt
ist.
Wimpel überspannen die Straßen, in den
Vorgärten liest man auf handgepinselten Schrifttafeln
Anfeuerungen wie „Loughmore – du kannst es
schaffen. Jungs wir zählen auf Euch“. Die besten
Hurlingspieler der Insel sollen aus Cork, Kilkenny und dem County
Tipperary kommen. Loughmore liegt in Tipperary und die Wimpel flattern
für das Finalspiel der Regionalligisten. Natürlich
hat Loughmore auch ein Pub, wo die Chancen und Wetten für die
eigene Mannschaft gegen die Nachbargemeinde Drom-Inch heftig diskutiert
werden. Schließlich hat sie seit 20 Jahren nicht mehr
gewonnen, wohl aber in den letzten Spielen beste Form gezeigt. Der Gast
sollte spätestens in diesem Moment seine Chance nutzen und
sich zu diesem, wie es heißt, ältesten und
schnellsten Feldspiel der Welt mitnehmen lassen.
Hurling, auf irisch
„Iománaíocht“, wurde schon in
keltischer Zeit als Volkssport betrieben und gehört zu den
gälischen Sportarten, die nur in Irland gespielt werden. Nach
der Überlieferung wurde es zum ersten Mal 1400 v. Chr. vor
einer Schlacht ausgetragen. Erst das Spiel, dann der Kampf: wobei sich
beides ähnlich angesehen haben dürfte. Denn Hurling
ist nicht nur schnell, sondern auch beinhart. Jeweils 15 Spieler
kämpfen mit dem Hurley, einem nach unten verbreiterten und mit
Eisen beschlagenen Eschenholzstock, um einen 25 cm kleinen, 150 Gramm
schweren Lederball, den Sliotar, um damit so viele Torpunkte wie
möglich zu schießen. Das H-förmige Tor hat
eine Querlatte. Der untere Teil ist der eigentliche Torraum und drei
Punkte wert. Der obere Raum über der Latte nur einen Punkt.
Das klingt zunächst einfach. Aber eine der Spielregeln lautet
auch: „Es ist erlaubt, den ballführenden
gegnerischen Spieler anzugreifen“.
Loughmore am Mittag: Wenn der Spielbeginn naht, strömen
wirklich alle aus den beiden Gemeinden ins Stadion. Eine
Dudelsackformation schreitet das Spielfeld ab und die Stimmung schwappt
bereits steil nach oben. Dann geht auch der Anfang schneller als
schnell. Kaum ist der erste Abschlag getan, rasen die athletischen
„Jungs“ weit auseinander. Einer hat den Sliotar
ergattert, wirft ihn in die Luft, drischt ihn übers Feld. 80
Meter kann er fliegen und bis zu 150 km/h schnell werden. Es muss
wehtun, ihn mit der bloßen Hand aus der Luft zu fangen. Es
tut auch weh, wenn zufällig ein gegnerischer Hurley dazwischen
gerät. Zwar lautet die Spielregel auch: „Beim
Angriff darf nicht mit dem Hurley geschlagen werden. Und nicht erlaubt
sind Trikotziehen, Bein stellen, Schubsen mit den Händen oder
Niederringen des Gegners“.
Aber was zählt das im Eifer des Gefechtes. Loughmore bringt
ungeheure Energien auf die Beine, hat es satt, eine weitere Niederlage
einzustecken. Die Spieler rennen, dreschen, fangen den Sliotar mit der
Hurleyfläche, jonglieren ihn eine Weile darauf – 4
Schritte dürfen es sein – schleudern ihn hoch und
schlagen ihn in der Luft ab. Das ist die kunstvollste Art, den Ball ins
Tor zu bringen und wirkt in dieser Geschwindigkeit sehr
tänzerisch. Aber auch das Abschlagen mit der
Handfläche ist erlaubt. Das Match nimmt eine unglaubliche
Dynamik an, wogegen gewöhnlicher Fußball eine
Zeitlupenveranstaltung wäre. Rasend und spannend wie das Spiel
gehen beim Hurling die zwei Mal 30 Spielminuten wie im Flug vorbei. Und
Loughmore schafft es. Mit 21 zu 13 Punkten, alle im oberen Torbereich
gesammelt, gewinnt dieses Mal der langjährige Verlierer. Und
das Publikum hat 34 Mal beim Aufschrei sein Adrenalin loswerden
können. Was für ein Nachmittag! Am Abend
hört man in Loughmore heimkehrende, singende und auf
Gälisch skandierende Hurlinghelden. Die Zapfhähne im
Pub sind längst poliert.
Informationen:
Als die Briten 1376 zur Kolonialmacht wurden, verboten Sie das Hurling,
weil es angeblich zur Vernachlässigung der
militärischen Pflichten führte. Im 18. Jahrhundert
aber war es wieder in 21 Counties Irlands verbreitet. 1884 wurde die
Gaelic Athletic Association gegründet (GAA), die bis heute die
gälischen Sportarten aktiv und erfolgreich fördert.
Es gibt auch eine weibliche Variante des Hurling. Sie heißt
Camogie. (Spielinfos: www.gaa.ie)
Festivals:
Das größte Hurling-Ereignis des Jahres ist das
Endspiel der Hauptliga im Croke Park Stadion Dublin mit 80.000
Zuschauern und von großen Festivitäten begleitet.
Guinness
All-Ireland-Senior Hurling Final
Foras Na Gaeilge All-Ireland Senior Camogie Finale (Endspiel der Frauen)
(beide im September, www.crokepark.ie)
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